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(1792 -1809)
Der blondlockige Jüngling wird zum Kaiser geführt, der ihn eindringlich mustert. »Warum wollten Sie mich umbringen?« »Solange Sie leben, Sire, wird mein Vaterland keine Freiheit, keinen Frieden finden.« »Wenn Sie um Verzeihung bitten und Reue zeigen, will ich Ihnen das Leben schenken.« »Ich bereue nichts, bedaure nur, daß es mißlungen ist.« »Welches Bild küssen Sie da?« »Das Bild des Mädchens, das ich liebe.« »Wird sie Ihr wahnsinniges Abenteuer billigen?« »Sie wird traurig sein, daß die Tat mißlungen ist.« Der Kaiser durchbohrt den jungen Deutschen mit den Augen. »Wenn ich Sie jetzt begnadige, was werden Sie tun?« Der Jüngling, ohne zu zögern: »Ich werde erneut versuchen, Sie zu töten.« Der Kaiser ruft die Wache: »Abführen!«
Dramatisches Zwiegespräch zwischen Napoleon und dem 17jährigen Friedrich Staps am 12. Oktober 1809 im Schloß zu Wien-Schönbrunn. Der Jüngling hat kurz zuvor versucht, dem unheimlichen Korsen nahezukommen und ihn während der Heerschau zu erdolchen. Das Attentat mißlingt, der verhaftete Staps will nur dem Kaiser selbst Rede und Antwort stehen. General Rapp ist Dolmetscher. Napoleon befiehlt nach dem Wortwechsel die Erschießung des Friedrich Staps.
Der Attentäter wird am 14. März 1792 als Sohn eines Pfarrers im damals kursächsischen Naumburg geboren. Streng religiös erzogen, besucht er das Gymnasium und tritt 1806, als 14jähriger, eine Lehrstelle in einer Erfurter Weberei ein. Er erlebt Napoleon beim Erfurter Fürstentag und ist zunächst geblendet von der glänzenden Erscheinung des Welschen.
Doch schon bald schlägt dieses Gefühl in unbändigen Haß gegen den Peiniger des Vaterlandes um. Staps sieht tagtäglich die bösen Folgen der napoleonischen Willkürherrschaft. Während deutsche Mächtige vor dem Usurpator zu Kreuze kriechen, faßt der Jüngling den Entschluß, den mächtigsten Mann der Welt zu beseitigen. Der Sieg des Erzherzogs Karl über Napoleon bei Aspern, Mai 1809, weckt Staps’ Begeisterung. Er begibt sich am 12. Oktober 1809 nach Wien-Schönbrunn, wo Napoleon allwöchentlich eine prunkvolle Parade abhält - und das in der Stadt, die über Jahrhunderte das Machtzentrum des Heiligen Reiches der Deutschen gewesen ist!
Der Franzosenkaiser steht neben seinen Marschällen Berthier und Rapp, als Friedrich Staps sich hinzudrängt und Napoleon zu sprechen verlangt. Nur noch wenige Meter trennen den Jüngling von jenem Mann, den er wie nichts auf der Welt haßt. Rapp aber hält ihn mit der Bedeutung zurück, er möge doch sein Gesuch nach Abschluß der Parade anbringen. Da dem französischen Marschall jedoch der Blick, der Ton und die sonderbare Haltung des jungen Deutschen auffallen, läßt er ihn verhaften. Napoleons Schergen führen Staps ab.
Eine angeordnete Leibesvisitation im Schloß fördert neben einem Stilett ein als Dolch präpariertes Küchenmesser zutage. Auf die Frage, warum er solche gefährlichen Dinge bei sich trage, gibt Staps ohne zu zögern und gänzlich unerschrocken zu, daß er Napoleon töten wolle.
Nach dem Verhör durch Napoleon selbst wird Staps noch einmal vom Adjutanten des Kaisers, General Lauer, in die Zange genommen. Ob er Verbindungen habe oder das Werkzeug geheimer Feinde sei, will Lauer herausfinden. Doch Staps beharrt wahrheitsgemäß darauf, daß es sein eigener, freier Entschluß gewesen sei und niemand davon etwas gewußt habe.
Der Attentatsversuch hat auf den Franzosenkaiser Eindruck gemacht. Er drängt nun auf Abschluß des Friedensvertrages mit Österreich und senkt, damit es schneller geht, die Kontributionsforderung. Zwei Tage nach dem mißglückten Anschlag wird der Vertrag von Schönbrunn unterzeichnet.
Am 16. Oktober 1809, früh um 7.00 Uhr, wird Friedrich Staps in den Wällen vor Wien erschossen, nachdem er seit dem 14. Oktober jede Nahrung verweigert hat. Sein letzter Ruf in die morgendliche Stille hinein ist:
»Es lebe die Freiheit! Es lebe Deutschland! Tod seinem Tyrannen!« |
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