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KARL LANDSTEINER

 
     
  KARL LANDSTEINER und die Blutgruppen. . Lebensdaten: 1868 - 1943. Um die Jahrhundertwende entdeckte Karl Landsteiner die Blutgruppen des Menschen, was weitreichende Folgen für die Medizin, Chirurgie und die Forensik hatte. Er lieferte wichtige Beiträge zu der sich gerade entwickelnden Immunologie, war an der Isolierung des Polio Virus beteiligt, führte an Versuchstieren Untersuchungen zur Syphilis durch und spielte eine entscheidende Rolle beim Verständnis der Antigen- und Antikörper- sowie allergischer Reaktionen. Gegen Ende seines Lebens entdeckte er den Rhesus-faktor im Blut. In Hinblick auf neuere Errungenschaften wie die Polioimpfung oder Organtransplantationen sind Landsteiners Leistungen als archetypisch für die Fortschritte in der Physiologie und der Medizin zu bezeichnen; sie entsprangen keineswegs allgemeingültigen theoretischen Einsichten, sondern sind Knotenpunkte, aus denen in der Medizin neue Wege und manchmal auch neue Bedürfnisse entstanden. Karl Landsteiner wurde am 14. Juni 1868 in Baden bei Wien als Sohn von Leopold Landsteiner, einem Journalisten, und Fanny Hess geboren. 1885 begann er das Studium an der Universität Wien und erwarb 1891 sein medizinisches Examen. Landsteiners Interesse an der Medizin war stark von den zahlreichen Neuentwicklungen auf dem Gebiet der Chemie geprägt. So studierte er nach seiner Wiener Ausbildung in Würzburg unter dem Chemiker EMIL FISCHER und vertiefte seine Kenntnisse in der Benzol-Chemie und der organischen Chemie. Nach seiner Rückkehr nach Österreich sammelte er klinische Erfahrung und arbeitete in der Hygiene-Abteilung der Universität Wien. 1897 wurde er Assistent des Leiters des pathologisch-anatomischen Institus der Universität. Im folgenden Jahrzehnt erwarb er sich ein umfangreiches Wissen über Krankheiten, Tod, menschliche Anatomie und führte insgesamt 3639 postmortale Untersuchungen durch. Seine medizinischen und chemischen Kenntnisse führten dazu, daß sich Landsteiner auf die Zusammensetzung des Blutes konzentrierte. 1895 hatte Jules Bordet entdeckt, daß Blut unterschiedlicher Tierarten, wird es vermischt, die Neigung zeigt, Klumpen zu bilden. Die gleiche »Agglutination« bemerkte Landsteiner, wenn Blut von verschiedenen Menschen vermischt wird. 1901 entdeckte er, daß sich das menschliche Blut in drei Gruppen einteilen läßt, die er A, B und C nannte (wobei C später in 0 umbenannt wurde; eine vierte Gruppe, AB, wurde später entdeckt). Das Blut jedes Menschen gehört einer dieser Gruppen an, und die Gruppen, so zeigte sich, kommen in der Bevölkerung in ganz bestimmten Verhältnissen vor. Damit konnte er nachweisen daß Agglutination nicht die Folge einer Krankheit, sondern eine ganz gewöhnliche chemische Reaktion ist. Die Bedeutung von Landsteiners Entdeckung zeigte sich innerhalb weniger Jahre. 1907 wurden die ersten Bluttransfusionen durchgeführt, und durch die Fortschritte in der Anästhesie wurden nun ganz neue Operationsformen möglich. Anfügen sollte man, daß nach wie vor eine enge Verbindung zwischen den Eigenarten des menschlichen Blutes und operativen Eingriffen besteht. Die Entdeckung des »Histokompatibilitätskomplexes« (der Gewebeverträglichkeit) durch Jean Dausset Mitte des 20. Jahrhunderts hatte sowohl die Methoden zur Blutbestimmung wie die Skalpelle der Mediziner geschärft und den Weg für Organtransplantationen geebnet. Als Landsteiner die Blutgruppen entdeckte, war er sich nicht bewußt, daß sie vererbbar sind. Aber es stellte sich schnell heraus, daß Mendels Vererbungsregeln, die um die Jahrhundertwende wiederentdeckt wurden, auf die Blutgruppen anwendbar waren - was zur serologischen Genetik führte, wodurch den Gerichten (und den unverheirateten Müttern und vermutlichen Vätern) eine wissenschaftlich glaubhafte Methode zur Vaterschaftsbestimmung in die Hand gegeben wurde. Landsteiner, der bereits 1902 Vorlesungen im Institut für forensische Medizin in Wien hielt, schuf auch den Gedanken eines serologischen »Fingerabdrucks«. Landsteiners nachfolgende Karriere war von beeindruckender Produktivität. 1905 gelang es ihm, Affen mit Syphilis zu infizieren. Damit war es erstmals möglich geworden, die Krankheit experimentell zu erforschen. Er entdeckte dabei das Funktionsprinzip der gerade erfundenen »Wassermann-Reaktion«, mit der Syphilis nachgewiesen werden konnte. Und indem er das bislang von Menschen gewonnene Antigen durch ein Extrakt aus dem Herzen der Tiere ersetzte, trug er dazu bei, daß nun sehr viel mehr Tests durchgeführt werden konnten. Zwischen 1908, als er Chefpathologe an der Wiener Universität wurde, und dem Ende des Ersten Weltkriegs unternahm er eine Reihe von Forschungen zur Poliomyelitis. Er injizierte Affen ein Extrakt, das er aus dem Gehirn und dem Rückenmark eines jungen Opfers der Kinderlähmung gewonnen hatte, und zeigte, daß die Tiere daraufhin Anzeichen der Krankheiten entwickelten. Als es ihm 1912 reicht gelang, ungewöhnliche Bakterien in der Substanz zu finden, zog er den richtigen Schluß: Der Erreger mußte ein Virus sein. Ein wirksamer Impfstoff gegen Polio wurde allerdings erst vier Jahrzehnte später entwickelt. In den 20er Jahren wandte sich sein Interesse der Immunologie zu. Während der wirtschaftlich schweren Nachkriegszeit ging er für drei Jahre in die Niederlande, wo er an Antigen- und Antikörperreaktionen arbeitete. Er führte beeindruckende Experimente zu Allergien durch, 1921 konnten er und seine Kollegen die Existenz von »Hapten« nachweisen - einer niedermolekularen Substanz, die für die körpereigene Antikörpersynthese von großer Bedeutung ist. Dies war ein früher und wichtiger Schritt auf dem langen Weg zum Verständnis des menschlichen Immunsystems. 1922 ging Landsteiner auf Einladung des Rockefeller-Instituts in die USA, wo er bleiben sollte. 1936 veröffentlichte er Die Spezifizität der serologischen Reaktionen. 1939 trat er offiziell in den Ruhestand, arbeitete allerdings weiter und entdeckte 1940 aufgrund von Gehirnschäden bei Neugeborenen und Totgeburten den Rhesusfaktor im Blut. Im Blut einer Rh-negativen Mutter bilden sich als Reaktion auf einen Rh-positiven Fötus Antikörper; im Uterus zerstören dann die muttereigenen Antikörper die Blutzellen des Fötus, was häufig fatale Folgen hat. Rhesus-Inkompatibilität kann durch Bluttransfusion behandelt werden. 1930 wurde Landsteiner für seine Entdeckung der Blutgruppen der Nobelpreis verliehen. Seinem wachsenden Ruhm stand er distanziert gegenüber, und an das Leben in New York konnte er sich nie gewöhnen. Aus seiner Ehe mit Helene Wlasto, die er 1916 geheiratet hatte, ging ein Kind, Ernst Karl, hervor. Obwohl er als schüchtern galt, übernahm er 1929 die Präsidentschaft der American Association of Immunologists. Gegen Ende seines Lebens war er - ein bereits als Kind zum Christentum konvertierter Jude -förmlich besessen von der Furcht vor dem nationalsozialistischen Deutschland. Am 14. Juni 1943 feierte er mit Frau und Sohn seinen fünfundsiebzigsten Geburtstag. Kurz darauf, am 26. Juni, verstarb er, nachdem er zwei Tage zuvor in seinem Labor einen Herzinfarkt erlitten hatte.  
 

 

 

 
 
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