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ALEXANDER FLEMING

 
     
  ALEXANDER FLEMING und das Penizillin. Lebensdaten: 1881 - 1955. Kinseys Sammelwut ist vergleichbar mit Francis Galton und dessen jedes vernünftige Maß überschreitende Meßleidenschaft. Als Kind sammelte Kinsey Briefmarken, als Erwachsener Gallwespen und Daten zum Sexualverhalten. Er glaubte an die Nützlichkeit des Sammelns. Er trug die weltweit größte Sammlung von Penismessungen zusammen und unternahm den nicht ganz erfolgreichen Versuch, gleiches auch für Klitorismessungen zu schaffen. Penizillin, das erste wirksame Antibiotikum, hat seit seiner Einführung während des Zweiten Weltkriegs Millionen von Menschenleben gerettet. Es reduzierte das Infektionsrisiko bei Wundbehandlungen und chirurgischen Eingriffen, verminderte die Sterberate bei einstmals gefürchteten Krankheiten wie der Lungenentzündung und gehört als wirkungsvolle Arznei gegen Syphilis zu den zwei Mitteln (das andere ist die Anti-Baby-Pille), die zu tiefgreifenden sozialen Veränderungen führten. Auch der zu häufige Gebrauch und Mißbrauch von Antibiotika in der Landwirtschaft und Medizin und die sich daraus ergebende Resistenz bestimmter Bakterienstämme sollen die Bedeutung des Penizillins nicht schmälern. Penizillin wurde 1940 von Howard Florey und Ernst Chain erstmalig isoliert und in konzentrierter Form hergestellt. Entdeckt jedoch wurde es vom schottischen Mediziner Alexander Fleming, dem es zu ungeheurem Ruhm verhalf. Nach dem Zweiten Weltkrieg stand Fleming im Mittelpunkt eines Interesses, wie es heute nur Filmstars zuteil wird. Er wurde mit Ehrungen überhäuft, darunter dem Nobelpreis, dabei ist die tatsächlich Größe seines wissenschaftlichen Beitrags durchaus fraglich. Er war ein geschickter Bakteriologe, der auf solide Leistungen zurückblicken konnte, seine Fähigkeiten als Wissenschaftler müssen allerdings als begrenzt gelten. Seine Biographin Gwynn Macfarlane drückt es unverblümter aus: Fleming als überragendes Genie einzuordnen, wie es Anfang der 40er Jahre geschehen und in populären Geschichtsschreibungen noch heute der Fall ist, sei nur ein Symptom von »Massenhysterie«. Alexander Fleming wurde am 6. August 1881 im schottischen Lochfield, Ayrshire, als Sohn von Grace Morton und Hugh Fleming, einem Bauern, geboren. Sein Vater starb, als er sieben Jahre alt war, und nach der Grundschule ging er 1895 nach London, wo er mit seinen Brüdern zusammenlebte. Er besuchte zwei Jahre lang das Polytechnikum an der Regent Street, arbeitete einige Zeit als Büroangestellter und meldete sich 1900 zu den London Scottish Rifle Volunteers; um im Burenkrieg mitzukämpfen. Obwohl er nicht nach Südafrika geschickt wurde, blieb er einige Jahre aktiv dem Regiment verbunden. Mit zwanzig Jahren, nach einer kleinen Erbschaft, trat er in die St. Mary's Hospital Medical School in Paddington ein, wo er sich als Student auszeichnete und sich für einen Doppelstudiumgang qualifizierte, so daß er 1906 seinen Bakkalaureatus in Medizin und den Magister der Naturwissenschaften erwarb. Für einen Aufsatz über die Diagnose akuter bakterieller Infektionen erhielt er eine Goldmedaille. 1909 war er examinierter Chirurg. Statt zu praktizieren entschied sich Fleming für die Forschung. Die Entscheidung kam durch Almroth Wright zustande, einen bekannten Professor für Pathologie am St. Mary's Hospital Fleming etablierte sich schnell in seinem Fachbereich, veröffentlichte Werke über Krankheiten wie Akne und Syphilis, impfte sich selbst - zu der Zeit gab es noch keine organisierten klinischen Versuche zur Medikamentenerprobung - und entwickelte Impfstoffe, wenn sich jemand aus seiner Familie einfachere Krankheiten wie eine Erkältung eingefangen hatte. Während des Ersten Weltkriegs befaßte er sich mit Antiseptika. Er war in Frankreich stationiert und konnte nachweisen, daß Wundbrand und Tetanus auf Organismen zurückgeführt werden konnten, die gewöhnlich auf den Feldern der Landwirte zu finden waren, welche der Krieg in Schlachtfelder umgewandelt hatte. Gemeinsam mit Wright zeigte er, daß die damals gebräuchlichen antiseptischen Mittel nicht nur außerstande waren, das verwundete Gewebe vollständig zu durchdringen, sondern die natürliche, körpereigene Bakterienabwehr im Blut unterbanden. Während des Krieges erhielt seine Arbeit nicht die Aufmerksamkeit, die sie verdient gehabt hätte, wurde aber allmählich in die Hygienebestimmungen aufgenommen. In den 20er Jahren machte Fleming seine wichtigsten Entdeckungen. 1921, er arbeitete mit seinen eigenen Nasensekreten, während er an einer Kopfgrippe litt, entdeckte er Lysozym, ein körpereigenes Abwehrenzym, das im Nasenschleim und auch in der Tränenflüssigkeit, dem Darmschleim und im Blutplasma vorkommt. Obwohl es die bis zu diesem Zeitpunkt wichtigste Arbeit in seiner Laufbahn darstellte, gelang es Fleming nicht, die Substanz zu isolieren - unglücklicherweise, wie man hinzufügen muß, da andere Forscher wenig Neigung verspürten, sich damit zu beschäftigen. Die Bedeutung des Lysozyms beruht auf der Tatsache, daß es lebendes Gewebe nicht zerstört, wie man einige Jahre später herausfand, nachdem Lysozym in Reinform gewonnen werden konnte. Im September 1928 gelang Fleming eine der wichtigsten Beobachtungen in der westlichen Medizin. Er arbeitete mit Staphylokokken, die in Abszessen, Furunkeln und anderen Infektionsherden zu finden sind, und bemerkte zufällig, daß ein Schimmelpilz die Bakterien abtötete. Sofort führte er Experimente mit dem Pilz durch, von dem er nicht wußte, wie er in sein Labor gekommen war, der aber interessante Eigenschaften aufwies: Er war harmlos gegenüber Blutzellen, tötete aber Bakterien schneller ab als Karbolsäure. Seine therapeutische Bedeutung jedenfalls erkannte Fleming nicht, als er 1929 den »Penizillin-Effekt« beschrieb und seine ersten Ergebnisse präsentierte. Noch taten dies andere. Flemings Aufsatz blieb während der folgenden Jahre mehr oder weniger unbeachtet (ähnliche Beschreibungen der zerstörerischen Wirkung von Schimmelpilzen auf Bakterien findet man in der medizinischen Literatur seit etwa 1870). Der entscheidende Schritt, Penizillin als Medikament zu gewinnen, fand kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs statt. Howard Walter Florey und Ernst Boris Chain begannen 1938 im Rahmen eines großangelegten Projekts über natürliche Antibiotika auch Penizillin zu testen. 1939 war klar, daß dem Penizillin große Möglichkeiten innewohnten. Im Laufe der nächsten zwei Jahre wurde es getestet, und zur Jahresmitte 1941 lagen die ersten klinischen Ergebnisse vor. »Es besteht kein Zweifel«, schreibt Trevor I. Williams, »daß es Florey und Chain waren, die das Forschungsprogramm in die Wege leiteten, wodurch Penizillin als ein in seiner Wirkung unvergleichliches chemotherapeutisches Antibiotikum aller Welt verfügbar wurde.« Durch den Krieg gab es mehr als genügend Opfer, an denen das Mittel erprobt werden konnte; in England und den USA begann daraufhin die Massenherstellung. Daß die Bevölkerung das Mittel geradezu verehrte, ist verständlich, führt man sich die oftmals verhängnisvollen Folgen von Infektionen vor Augen. Seltsamer mutet schon die Verehrung an, die Fleming zuteil wurde. Noch während des Krieges wurde er zu einem Objekt der Bewunderung. 1943 wurde er in die Royal Society gewählt, 1944 zum Ritter geschlagen, und 1945 erhielt er mit Chain und Florey den Nobelpreis. »Mein einziger Verdienst«, sagte er bei' dieser Gelegenheit, »liegt darin, daß ich die Beobachtung nicht ignoriert und das Thema als Bakteriologe weiterverfolgt habe.« Spätere Behauptungen Flemings klangen weniger bescheiden. Fleming blieb bis zu seinem Tod eine Berühmtheit, war sich aber der großen Diskrepanz zwischen seinen Leistungen und seines Bekanntheitsgrades durchaus bewußt; für sich führte er ein Sammelalbum, das er mit »Mythos Fleming« überschrieben hatte. Er selbst war ein freundlicher, unprätentiöser Mensch, der laut eines Kollegen einmal gesagt haben soll, »daß er den Nobelpreis nicht verdiene, und ich mußte mir auf die Zunge beißen, um ihm nicht zuzustimmen.« 1915 hatte er Sarah Marion McElroy geheiratet, mit der er einen Sohn hatte. Nach ihrem Tod 1949 heiratete er die Bakteriologin Amalia Voureka Coutsouris. Die Umstände seines Todes waren für einen Arzt sehr ungewöhnlich. Am 11. März 1955 sollte er mit dem berühmten Schauspieler Douglas Fairbanks Jr. und Eleanor Roosevelt zu Abend essen. Bereits am Morgen fühlte er sich krank, weigerte sich jedoch, einen Arzt holen zu lassen. Als ihn seine Frau im Bett vorfand, bat er sie, ihm die Haare zu kämmen. Er war mit kaltem Schweiß überströmt und spürte Schmerzen im Brustkorb, glaubte aber, daß mit seinem Herzen alles in Ordnung sei. Dann beugte er den Kopf ein wenig herab und starb. Er wurde auf der gesamten Welt betrauert und liegt in der St. Paul's Cathedral in London begraben.  
 

 

 

 
 
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