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JOHANN GEORG AUGUST WIRTH

 
     
  (1798 -1848)

Hinauf Patrioten! zum Schloß, zum Schloß! / Hoch flattern die deutschen Farben. / Es keimet die Saat und die Hoffnung ist groß. / Schon binden im Geiste wir Garben. / Es reifet die Ähre mit goldenem Rand. / Und die goldene Ernt’ ist das Vaterland. Auch wir Patrioten, wir ziehenaus / in festgeschlossenen Reihen. / Wir wollen uns gründen ein Vaterhaus, / Und wollen der Freiheit es weihen. / Denn vor der Tyrannen Angesicht / Beugt länger der freie Deutsche sich nicht. Was tändelt der Badner mit Gelb und Rot, / Mit Weiß, Blau, Rot Bayer und Hesse? / Die vielen Farben sind Deutschlands Not, / Vereinigte Kraft nur zeugt Größe. / Drum weg mit der Farben buntem Tand! / Nur eine Färb’ und ein Vaterland!

So singen die 30 000, die am 27. Mai 1832 im pfälzischen Neustadt abmarschieren hinauf zur Kästenburg bei Hambach, die man auch Hambacher Schloß nennt. Dort findet die erste politische Massenversammlung der deutschen Geschichte statt. Der von den Herrschenden als »Preßbandit« beschimpfte nationalfreiheitliche Journalist Johann Georg August Wirth ist der Hauptredner, fordert »ein einiges Deutsches Reich im demokratischen Sinne«. Zusammen mit seinem Gesinnungsgenossen Siebenpfeiffer hat er dieses »Hambacher Fest« organisiert, bei dem erstmals die Farben Schwarz-Rot-Gold als Trikolore gezeigt werden.

Wirth kommt am 20. November 1798 in Hof zur Welt. Auf dem Gymnasium ist Sand, der nachmalige Kotzebue-Attentäter, sein Freund und Klassenkamerad. Während des Jura-Studiums schließt sich Wirth der nationalfreiheitlichen vaterländischen Burschenschaft an.

Der Jungjurist unterbreitet Vorschläge zur Reform des Rechtswesens, da ihn die Behandlung der armen Schichten durch die Obrigkeit empört. Erstmals erlebt er die Arroganz der Reaktionäre, die nach den Befreiungskriegen das Volk um nationale Einheit und Freiheit betrogen haben. Wirth gibt Anfang der 1830er Jahre Zeitungen mit nationaler und demokratischer Ausrichtung heraus. Auch durch Zensurmaßnahmen, Geldstrafen und Arrest der Münchener Machthaber läßt er sich nicht beugen. Schließlich weicht er nach Rheinbayern (Pfalz) aus, wo er seinem künftigen Mitstreiter Siebenpfeiffer, einem Feuerkopf, begegnet.

Die beiden fassen den kühnen Entschluß, eine Großkundgebung für die Überwindung der 38fachen Spaltung Deutschlands und für Volksherrschaft durchzuführen. Der Vorbereitung dient ein »Preß- und Vaterlandsverein«. Die Ruine der Hambacher Kästenburg eignet sich hervorragend für das Vorhaben. Bernhard Barkholdt in seiner Schrift »Hambach - Für Einheit und Volksherrschaft«:

»Das uralte Gemäuer, das seinen Namen wegen des Kastanienwaldes trägt, der die Feste umgibt, wurde um das Jahr 1000 auf dem Gelände einer vorchristlichen Kultstätte errichtet. Von der Kästenburg soll Kaiser Heinrich IV. seine Fahrt nach Canossa begonnen haben, im Bauernkrieg wurde sie durch die aufrührerischen Landleute als Sinnbild bischöflicher Zwingherrschaft zerstört; die Bauern mußten sie später in Fronarbeit wiedererrichten. 1688 zerstörten französische Truppen die Burg, die somit ein Symbol des Kampfes gegen deutsche und ausländische Bedrücker wurde.«

Mit der schwarzrotgoldenen Fahne (Aufschrift »Deutschlands Wiedergeburt«) voran, setzt sich am 27. Mai 1832 der gewaltige Demonstrationszug zur Kästenburg in Bewegung. Die Menge stimmt »Was ist des Deutschen Vaterland« von Ernst Moritz Arndt an. Die Burschenschafter heizen ein, singen: »Das Volk steht auf, der Sturm bricht los« und: »Dem Deutschen Bundestag werft faule Eier nach!« Dazwischen immer wieder - zur Melodie von »Schillers Reiterlied« - das von Siebenpfeiffer gedichtete »Hinauf Patrioten zum Schloß«.

Nach dem Hambacher Fest schlägt die Reaktion brutal zu. Wirth muß vier Jahre ohne Gerichtsurteil hinter Kerkermauern zubringen. Freunde unternehmen einen tollkühnen Befreiungsversuch, der sogar erfolgreich ist. Doch der »Preßbandit« weigert sich zu fliehen, denn er will auf Gesetzeswegen und rehabilitiert freikommen.

Nach der Entlassung aus dem Gefängnis geht Wirth ins Elsaß, dann in die Schweiz, von wo aus er weiter unermüdlich für die nationaldeutsche Sache ficht. 1847 kehrt er nach Deutschland zurück. Kurz vor seinem frühen Tod am 26. Juli 1848 in Frankfurt am Main zieht er als Abgeordneter in die großdeutsche Nationalversammlung ein.

Selbst Treitschke, der Hambach entschieden ablehnte, bescheinigte Wirth Mut und »einige gesunde Ideen, die die politische Entwicklung der Nation förderten«, vor allem aber »unverwüstliche Kraft treuer Vaterlandsliebe«.
 
 

 

 

 
 
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