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EUKLID

 
     
  EUKLID und die Grundlagen der Mathematik. Lebensdaten: um 300 v. Chr. Jahrhundertelang stellte die euklidische Geometrie das einzige und grundlegende mathematische Werkzeug zum Verständnis der Welt dar. Sie wird heute in der Schule gelehrt, die Einfachheit vieler ihrer Axiome aber kann irreführend sein. Am Anfang seiner Karriere beschäftigte sich SAAC NEWTON mit Euklids Lehrsätzen und wunderte ich laut einem seiner Schüler, »wie sich jemand die Zeit 'vertreiben kann, sie zu beweisen.« Newton bemerkte seinen Irrtum allerdings sehr schnell, wandte sich mit größerer Aufmerksamkeit erneut den Elementen zu und kam dadurch zu seiner Fluxions- oder Differentialrechnung. Euklids Geometrie, schrieb der neuplatonische Philosoph Proclus, »verhält sich zur Mathematik wie die einzelnen Buchstaben des Alphabets zur Sprache.« Diese Aussage aus dem fünften nachchristlichen Jahrhundert muß - bezogen auf das alltägliche Leben - auch heute noch kaum revidiert werden. Von Euklids Leben ist nichts bekannt, außer daß er am Ende der hellenistischen Epoche, etwa zur gleichen Zeit wie ARCHIMEDES und eine Generation nach Aristoteles lebte. Mit großer Wahrscheinlichkeit war er Schüler an Platons Akademie, die ein Jahrhundert früher gegründet worden war und als die wichtigste mathematische Schule der Zeit galt. Während der Herrschaft Ptolemäus' I., der nach dem Tod Alexanders des Großen in Ägypten zur Herrschaft gelangt war, errichtete Euklid in Alexandria eine eigene Schule. Als ihn Ptolemäus fragte, ob es denn keinen einfacheren Weg gebe, die Geometrie zu erlernen als durch das Studium der Elemente, soll Euklid erwidert haben: »Es gibt keinen Königsweg zur Geometrie.« Die aus dreizehn Büchern bestehenden Elemente beinhalten eine Übersicht der Arbeiten, die bereits andere vor Euklid zusammengetragen hatten, wobei die Lehrsätze des Pythagoras und Eudoxus besondere Berücksichtigung finden. In ihrem außerordentlich knappen und präzisen Stil behandeln die ersten sechs Bücher Lehrsätze zur Geometrie der Ebene (Buch I beinhaltet den wichtigen Satz des Pythagoras, der als die Grundlage aller geometrischen Naturbeschreibungen angesehen werden kann). Die nächsten drei Bücher beschäftigen sich mit Zahlentheorie und Euklids Abhandlung über vollkommene Zahlen und Primzahlen. Vollkommene Zahlen sind Zahlen, die halb so groß sind wie die Summe ihrer Teiler. Eine vollkommene Zahl ist zum Beispiel 6, denn: 6 = (1 + 2 + 3 + 6). Vollkommene Zahlen sind selten, z. B. 6, 28, 496, 8128, 33550336 ... Primzahlen sind Zahlen, die nur durch 1 und durch sich selbst teilbar sind. Auf Euklid geht der Beweis zurück, daß die Zahl der Primzahlen unendlich ist. Das zehnte Buch befaßt sich mit irrationalen Zahlen, mit denen sich bereits Eudoxus beschäftigt hatte, und die letzten drei Bücher mit Geometrie. Es fällt nicht schwer einzusehen, warum Euklids Geometrie die Zeiten überdauerte. Er gibt klare und zeitlose Definitionen seiner Begriffe - »ein Punkt ist, was keine Teile hat« -, von Postulaten oder Axiomen leitet er seine Beispiele und Problemstellungen ab, die den Hauptteil der Bücher ausmachen. Insgesamt enthalten die Elemente 467 Theoreme. Das bedeutendste davon ist, historisch gesehen, das problematische fünfte: Durch einem gegebenen Punkt läßt sich nur eine Gerade B ziehen, die parallel zu einer gegebenen Geraden A ist. Viele Mathematiker versuchten dieses Postulat zu beweisen, bis man schließlich im 19. Jahrhundert feststellte, daß es nicht bewiesen werden kann. Später wurden nicht-euklidische Geometrien entwickelt, die der euklidischen Vorherrschaft ein notwendiges Ende setzten. Heute gibt es neben der euklidischen Geometrie der Ebene hyperbolische und elliptische Geometrien des gekrümmten Raums. Die Bedeutung der euklidischen Geometrie für die westliche Kultur ist so außergewöhnlich wie unschätzbar. Sie bildete die Grundlage für die Entwicklung der abendländischen Technik, auf ihr beruhen die Grundannahmen der Physik - zum Beispiel, daß eine gerade Linie die kürzeste Strecke zwischen zwei Punkten ist. Euklidische Geometrie wird erst bei extremen Größen und Entfernungen hinfällig; Einschränkungen, die erst in den letzten zweihundert Jahren erkannt wurden. Sogar ALBERT EINSTEIN begann seine populärwissenschaftliche Abhandlung Relativität mit den euklidischen Lehrsätzen. Euklid starb um 270 v. Chr. In der Antike galt er als gerechter, bescheidener und gründlicher Lehrer. Viele Schüler, die sich mit seinen Axiomen abmühten, mögen das anders sehen - und einige wenige haben Rache genommen. Zu ihnen gehört der Autor, der 1922 unter dem Pseudonym Wilbur D. Birdwood Euclid's Outline of Sex veröffentlichen ließ. In dem Buch wird Freud herangezogen, der Euklid als »gravierenden Fall eines Großmutter-Komplexes« bezeichnet. Eine Gerade sei die kürzeste Strecke zwischen zwei Punkten: Zumindest, schreibt Birdwood, wenn »A Euklid und B die Großmutter ist.«  
 

 

 

 
 
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