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JAMES WATSON |
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JAMES WATSON und die DNS-Struktur. geb. 1928. Die Entdeckung der Struktur der Desoxyribonukleinsäure (DNS) durch James Watson zeugt von der internationalen Ausrichtung der Naturwissenschaften im 20. Jahrhundert. Angeregt von ERWIN SCHRÖDINGERS. Was ist Leben?, beschäftigte er sich mit den biologischen Mysterien lebender Systeme. Unter der Leitung immigrierter Wissenschaftler, die aus dem nationalsozialistischen Deutschland geflohen waren, begann er sich für Bakteriophagen zu interessieren, Viren, die aus nichts anderem als einem DNS-Faden bestehen, der von einer Proteinhülle umgeben ist. Um mehr über sie zu erfahren, ging er zunächst nach Kopenhagen. In Italien entdeckte er, wie ihre Kristallgitterstruktur mittels Röntgensstrukturanalyse ermittelt werden konnte. Und in England wiederum arbeitete er mit FRANcis CRICK zusammen, um im Wettlauf mit anderen Wissenschaftler den Aufbau der DNS zu entdecken. Gemeinsam erkannten sie die leiterförmige Doppelhelix-Struktur, die sich ideal für die Reproduktion genetischer Informationen eignet. Anders als Crick gab er sich aber sehr schnell mit seinem Ruhm zufrieden, schrieb Memoiren, die viele seiner Kollegen verärgerten, und beendete innerhalb eines Jahrzehnts seine Karriere als Forscher. Dennoch genießt er aufgrund seiner Integrität und der Entdeckung der DNS hohes Ansehen, und Sir Lawrence Bragg, Leiter des Cavendish Laboratory, sagte einmal: »Ich glaube nicht, daß Crick es jemals geschafft hätte, wenn Watson nicht gewesen wäre.« James Dewey Watson wurde am 6. April 1928 in Chicago geboren. Er wuchs in einer finanziell schlecht gestellten, aber geistig sehr regen Atmosphäre auf. Sein Vater James Watson Sr. verdiente als Schuldeneintreiber den bescheidenen Lebensunterhalt und war ein enthusiastischer Vogelbeobachter, der in seinem Sohn das Interesse an der Ornithologie weckte. Seine Mutter Jean Mitchell Watson arbeitete in der Zulassungsstelle der Universität Chicago und war aktives Parteimitglied der Demokraten. 1943 begann Watson mit Hilfe eines Stipendiums das Studium an der Universität Chicago, 1947 erwarb er sich seinen Abschluß in Zoologie. Noch während des Studiums begann er sich für Genetik zu interessieren und war - ähnlich wie Francis Crick - fasziniert von Schrödingers 1945 erschienenem Was ist Leben? »Ich war richtiggehend versessen, das Geheimnis der Gene herauszufinden«, schrieb er später. Watsons weitere Ausbildung brachte ihn mit den dafür geeignetsten Wissenschaftlern zusammen. »Ich wurde dafürausgebildet, die DNS-Struktur zu finden«, sagte er einmal, »so wie Prince Charles dafür ausgebildet wird, König zu An der Indiana University studierte Watson mit werden.« Hermann Joseph Müller, dem aus Deutschland und der Sowjetunion geflohenen Nobelpreisträger, der entdeckt hatte, daß Röntgenstrahlen genetische Mutationen verursachen konnten. Watsons Doktorvater war der Biologe Salvador Luria, einer der Gründer einer Wissenschaftlergruppe, die sich mit Bakteriophagen befaßte, dem bereits erwähnten Virus, der sich innerhalb von Bakterien fortpflanzt. Und Watson reiste, während er an seiner Dissertation schrieb, nach Cold Spring Harbor auf Long Island und ans California Institute of Technology, um MAX DELBRÜCK zu treffen, den Begründer der Phagenforschung. Nach Beendigung seiner Dissertation 1950 ging Watson mit Hilfe eines Postdoktoranden-Stipendiums des National Research Council nach Kopenhagen. Bei einer Konferenz in Neapel 1951 nahm er an einem Vortrag des Kernphysikers Maurice Wilkins teil, der mittels der Röntgenstrukturanalyse begonnen hatte, das komplexe Molekül der Desoxyribonukleinsäure (DNS)zu erforschen. »Plötzlich war ich von der Chemie fasziniert«, schrieb er im 1968 veröffentlichten Die Doppel-Helix. »Vor dem Vortrag machte mir die Möglichkeit zu schaffen, Gene könnten vollkommen unregelmäßig gebaut sein. Und nun wußte ich, daß sich Gene kristallisieren konnten, also mußten sie eine regelmäßige Struktur haben, die auf ganz normale Art und Weise zu bestimmen war.« So kamen Watsons Kenntnisse über die Phagentheorie und eine aus der Kernphysik stammende Technik zusammen. Watsons Interesse an Wilkins Forschungen führten ihn ans Cavendish Laboratory in Cambridge, wo er den britischen Physiker und Doktoranden Francis Crick kennenlernte. Die Geschichte ihrer Zusammenarbeit, die zur Entdeckung der DNS-Struktur führte, ist oft erzählt worden, Watson selbst berichtet davon in seinem Die Doppel-Helix. Sie stammten beide aus vergleichbaren Gesellschaftsschichten, bald teilten sie sich ein Büro. »Mr. Crick war fünfunddreißig, Dr. Watson zweiundzwanzig«, schreibt Horace Freeland Judson in Der achte Tag der Schöpfung. »Wie zuvor mit Luria und Delbrück gelang es Watson fast augenblicklich, zu dem älteren und brillanten Wissenschaftler, dem das Konkurrenzdenken der meisten jüngeren Kollegen völlig abging, ein intellektuelles Vertrauensverhältnis herzustellen, das auf Gegenseitigkeit beruhte.« Wie der Chemiker LINUS PAULING erstellten Watson und Crick Papp- und Metallmodelle des hypothetischen DNS-Moleküls. Die DNS, die fast in jeder Zelle vorkommt und die Enzymproduktion steuert, besteht aus vier Basen und einem Zucker- und einem Phosphatmolekül. Ihr Aufbau, der entscheidend ist, konnte jedoch anhand der Röntgenstrukturaufnahmen nur geraten werden. Zu bestimmen waren die Konfiguration der Basen relativ zur Molekülstruktur, die Anzahl der Stränge, aus denen sich das Molekül zusammensetzte, und die Arten der Verbindungen. Nach ersten fehlgeschlagenen Versuchen 1951 wandten sich Watson und Crick dem Problem fast zwei Jahre später erneut zu. Im Februar 1953, während sie an einem Pappmodell arbeiteten, hatte Watson den entscheidenden Einfall. »Plötzlich wurde mir bewußt«, schrieb er, »daß ein von zwei Wasserstoffbrücken gehaltenes Adenin-Thymin-Paar in seiner Gestalt identisch ist mit einem von mindestens zwei Wasserstoffbrücken zusammengehaltenen Guanin-Zytosin-Paar.« In Wirklichkeit sind es zwei Molekülstränge, die durch Wasserstoffbrücken verbunden und von einem Zucker- und Phosphatmolekül umgeben sind. Innerhalb eines Monats hatten sie ein Modell entwickelt, das den experimentellen Befunden entsprach und eine Komplementärstruktur aufwies, die zur Replikation notwendig ist. Ihrem kurzen Artikel in der Zeitschrift Nature vom 25. April 1953 schickten sie am 30. Mai eine lange und ausführliche Erklärung nach. Während Crick in Cambridge blieb und dort zur treibenden Kraft für viele wichtige Entwicklungen in der Molekularbiologie wurde, kehrte Watson in die USA und zum Caernia Institute of Technology zurück. 1955 wechselte er nach Harvard. Obwohl er, nachdem er 1962 gemeinsam mit Crick und Maurice Wilkins den Nobelpreis für Medizin erhalten hatte, kaum noch Forschungsergebnisse veröffentlichte, blieb er eine einflußreiche Gestalt in der Molekularbiologie. 1965 veröffentlichte er das umfassende Standardwerk The Molecular Biology of the Gene, 1983 schließlich The Molecular Biology of the CelL In den 60er Jahren war Watsons Einfluß in der Molekularbiologie überall zu spüren. 1968 übernahm er die Direktorenstelle am Cold Spring Harbor Laboratory, 1976 gab er seine Stelle in Harvard ganz auf, um sich ausschließlich Cold Spring Harbor zu widmen. Unter seiner Leitung wurde die Krebsforschung zum Schwerpunkt der Arbeit, und 1981 gelang es den Wissenschaftlern dort, das krebsverursachende »Oncogen« Ras zu isolieren. Arbeiten über die chemischen und genetischen Grundlagen der Tumorbildung ließen Cold Spring Harbor zu einer der führenden Forschungseinrichtungen der USA werden. Als 1987 das Human Genome Project anlief, fiel die Wahl auf Watson, um die Leitung zu übernehmen. Das Projekt versucht, eine vollständige Beschreibung des menschlichen Genoms zu erstellen und alle fünfzig- bis hundertausend Gene zu kartographieren. Eine umfassende Karte des Genoms verspricht neue Möglichkeiten, Krankheiten zu entdecken, ihnen vorzubeugen und sie zu heilen sowie eine ganze Reihe industrieller Anwendungen. Von Oktober 1988 bis zum April 1992 stand Watson dem Projekt vor. Bis zu seinem Rücktritt Ende des Jahres 1993 war Watson Direktor in Cold Spring Harbor, blieb dem Labor allerdings in seiner Funktion als Präsident verbunden. 1968 hatte er seine zwanzig Jahre jüngere Assistentin Elizabeth Lewis geheiratet; sie haben zwei Söhne, Rufus und Duncan. 1993, als er zum vierzigsten Jahrestag der Entdeckung der DNS-Struktur 130 Kollegen, unter ihnen Francis Crick, nach Cold Spring Harbor einlud, erinnerte er sich, als er das erste Mal - noch als Student - das Labor betreten hatte. »... irgendwie fühlte ich mich damals ein für allemal frei, denn hier waren diese wunderbaren Menschen, deren ganzer Ehrgeiz keineswegs darauf ausgerichtet war, Geld zu verdienen ... sondern die Frage zu beantworten: Was ist das Gen? ... Es war das Paradies!« |
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