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TYCHO BRAHE

 
     
  TYCHO BRAHE und die neue Astronomie. Lebensdaten: 1546 - 1601. Der dänische Adelige Tycho Brahe - von aufbrausendem, arroganten Wesen - gilt als eine schillernde Gestalt in der Geschichte der Astronomie. Er war der erste, der die Supernova von 1572 sichtete, auf der Insel Ven im Sund zwischen Dänemark und Schweden errichtete er sich ein Observatorium. Die Meinung von NIKOLAUS KOPERNIKUS , daß sich die Erde um die Sonne dreht, teilte er nicht, aber er wählte JOHANNES KEPLER zu seinem Nachfolger, der diese Vorstellung weiterverfolgte. Diese drei waren es, die zusammen mit GALILEO GALILEI das alte ptolemäische Weltbild stürzten und die Erde aus dem Zentrum des Universums rückten. Brahe kann dabei als der konservative der vier gesehen werden. Sein Genie äußerte sich eher in der - modern zu bezeichnenden - geduldigen, präzisen Sternbeobachtung und Datenaufzeichnung. »Wenn Kopernikus der größte europäische Astronom in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts war«, schreibt Thomas Kuhn, »dann war Tycho Brahe ... die überragende astronomische Autorität in der zweiten Hälfte. Und legt man allein ihre technischen Leistungen zugrunde, war Brahe der größere von beiden.« Tyge (später zu Tycho latinisiert) Brahe wurde am 14. Dezember 1546 in Knudstrup in der damals zu Dänemark gehörenden, heute schwedischen Provinz Schonen geboren. Er entstammte dem höchsten Adel und war eines der zehn Kinder von Otto Brahe und Beate Bille. Erzogen wurde er jedoch vom kinderlosen Bruder seines Vaters, Jörgen Brahe, und dessen Frau. Nach erstem' Privatunterricht besuchte er im Alter von dreizehn Jahren die lutherische Universität Kopenhagens. Zu seiner geisteswissenschaftlichen Ausbildung gehörte das trivium (mit den Fächern Rhetorik, Logik und Grammatik), gefolgt vom quadrivium (Astronomie, Arithmetik, Musik und Geometrie); dies zur Vorbereitung auf das Studium der Rechte, wie es sich sein Onkel wünschte. Nachdem er jedoch die für den 21. August 1560 vorhergesagte Sonnenfinsternis betrachtet hatte, nahm ihn das Studium der Astronomie mehr und mehr in Beschlag. Seiner Familie konnte das nicht gefallen. So wurde 1562, als er an die Universität Leipzig ging, ein Tutor angestellt, der Brahe zum Jurastudium anhalten sollte. Mit den Naturwissenschaften befaßte er sich nur noch heimlich, und bedenkt man sein Alter - er war kaum sechzehn Jahre alt - klingt es durchaus plausibel, daß er sich nachts heimlich fortschlich, um die Sterne zu betrachten, während sein Mentor schlief -erzählt jedenfalls die Anekdote. Als er im August 1563 die Saturn-Jupiter-Konjunktion beobachtete, wurde Brahe bewußt, wie ungenau und fehlerhaft die damaligen astronomischen Tafeln waren. Sie zu verbessern war der Beweggrund, aus dem der Wissenschaftler hervorging, den Kepler als der »Phoenix der Astronomen« bezeichnete. 1565, nach dem Tod seines Onkels, kehrte er kurzzeitig nach Kopenhagen zurück, anschließend begann er an der Universität Wittenberg das Studium der Astronomie. 1566 wurde ihm bei einem Duell ein Teil seiner Nase abgeschlagen, woraufhin er eine Metallprothese trug (als man 1901 seine Überreste exhumierte, stellte man fest, daß der Knochen an seinem Nasenrücken eine hellgrüne Patina angenommen hatte; die Prothese, von der man lange Zeit gedacht hatte, daß sie aus Gold oder Silber bestand, mußte korrodierendes Kupfer enthalten haben). Am 11. November 1572, in einer klaren Nacht, bemerkte Brahe »einen neuen und ungewöhnlichen Stern, der die anderen Sterne an Leuchtkraft weit übertraf und fast direkt über meinem Kopf strahlte,« wie er schrieb. Den ganzen Winter verfolgte er den Stern mit einem Sextanten, zeichnete sorgfältig die Positionen von Sonne, Mond und den Planeten auf und mußte feststellen, daß er keine Parallaxenmessung vornehmen konnte. Das deutete daraufhin, daß sich der neue Stern nicht in der Nähe des Mondes aufhalten konnte. Und da er sich nicht bewegte, konnte er auch kein Komet sein, noch konnte man ihn den planetarischen Sphären zuordnen. Er mußte daher der achten Sphäre fixer Sterne angehören - außerdem funkelte er wie ein Stern. Aber wie konnte etwas neues am Himmel auftauchen, welcher doch vollkommen und unveränderlich sein sollte? Tychos Stern, stellte sich heraus, nachdem er sein Büchlein De nova stella (Über den neuen Stern) veröffentlicht hatte, war der erste Himmelskörper dieser Art, der seit dem Griechen Hipparch in Europa beobachtet wurde. Astronomen und Gelehrte in ganz Europa beschäftigten sich mit ihm und kamen zu der Überzeugung, daß Änderungen am Welt und Himmelsbild vorzunehmen waren - auch als der neue Stern im darauffolgenden Frühjahr wieder verschwand 1576 ermöglichte ihm der dänische König Frederick II. durch ein Lehen, auf der Insel Ven im dänischen Sund seine Uraniborg, die Himmelsburg, zu errichten, zu der er später ein Observatorium, die Stjerneborg, hinzufügte. Brahe lebte und arbeitete dort die nächsten zwanzig Jahre. Ohne Teleskop (es sollte erst eine Generation später erfunden werden) waren er und seine Gehilfen auf eine bemerkenswerte Ansammlung kalibrierter Instrumente angewiesen, darunter große Quadranten, Astrolabien und eine riesige rotierende Armillarsphäre. 1577, in dem Jahr, in dem er eine Uhr mit Minutenzeiger erhielt, tauchte ein Komet mit langem Schweif am Himmel auf. Neben den üblichen Vorhersagen drohenden Unheils wurde aber mehr als zuvor deutlich, daß das ptolemäische Weltbild der Revision bedurfte. Brahe legte dar, daß der Komet sehr viel weiter von der Erde entfernt sein mußte als der Mond und daher nicht in die Erdatmosphäre eindringen konnte. Noch wichtiger aber war, daß er sich ganz offensichtlich nicht auf einer kreisförmigen Bahn bewegte. Das hieß, er mußte die kristallinen Himmelssphären durchbrechen. Brahe veröffentlichte daraufhin ein Werk, in dem er diesen unsichtbaren Sphären jegliche Plausibilität absprach. Obwohl der Komet von 1577 (wie alle, die er später noch beobachtete) Kopernikus' Theorie eines heliozentrischen Sonnensystems zu bestätigen schien, hielt Brahe an seinem geozentrischen Modell fest. Im »tychonischen« System bilden Erde und Mond das Zentrum, um das sich die anderen Planeten drehen. Wie Kopernikus' Theorie stimmte es mathematisch mit den damals bekannten Daten überein. Brahe hatte eine Supernova entdeckt einen Stern, der explodiert und sich leuchtend hell aufbläht, bevor er in sich kollabiert. Im letzten Jahrtausend waren etwa ein halbes Dutzend von ihnen beobachtet worden. Mit dem Tod von König Frederick II. (1588) verlor Brahe seinen Schutzherrn und nach einigen Auseinandersetzungen mit dessen Nachfolger Christian I. auch seine Heimat und Arbeit. 1597 verließ er Ven, zwei Jahre später erreichte er Prag, wo er in die Dienste Rudolphs II. trat, des Kaisers des Heiligen Römischen Reiches, der sich mit Gelehrten umgab und Brahe Arbeitsmöglichkeiten und finanzielle Unterstützung zusicherte. Als Glücksfall erwies sich, daß Brahe im Jahr 1600 Johannes Kepler zu seinem Gehilfen nahm. Denn Brahe hatte nicht mehr lange zu leben; 1601 erlitt er bei einem Essen einen Schlaganfall und starb zehn Tage später, am 24. Oktober. Auf dem Totenbett vermachte er Kepler seine Sternaufzeichnungen und vor allem die Arbeiten zum Planeten Mars, die er bislang sorgfältig gehütet hatte - mit der Auflage, die Arbeit weiterzuführen und zu veröffentlichen. 1603 gab Kepler Brahes Astronomae instauratae progymnasmata (Einführung in die neue Astronomie) heraus, die ein Verzeichnis von 777 Sternen enthielt. Und auf der Grundlage von Brahes Daten veröffentlichte Kepler 1627 die Rudolphinischen Tafeln. Brahe liegt in Prag begraben. Auf der heute zu Schweden gehörenden Insel Ven wurde 1930 ein Museum eingerichtet; von der Uraniborg, der Himmelsburg, ist nichts mehr übrig als der Graben.1  
 

 

 

 
 
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