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WILLIAM BAYLISS

 
     
  WILLIAM BAYLISS und die moderne Physiologie. Lebensdaten: 1860 - 1924. Die Entdeckung der Hormone um die Jahrhundertwende war Ausgangspunkt f�r wesentliche Fortschritte in der Medizin. Hormone, chemische Wirkstoffe, die vielf�ltige Funktionen in tierischen und pflanzlichen Organismen regeln, werden meist in Hormondr�sen, sogenannten endokrinen Organen, gebildet und gelangen von dort durch den Blutkreislauf an ihre spezifischen Wirkungsorte. Sie steuern das Wachstum, den Stoffwechsel und die Entwicklung des Individuums und wirken bereits in geringer Konzentration Das Hormonsystem stellt daher eine der grundlegender Organisations- und Kontrollinstanzen dar, die f�r das Funktionieren komplexer Organismen notwendig sind. Deswegen kommt den Hormonen in der Medizin gro�e Bedeutung zu, und ihre k�nstliche Herstellung - durch genetische Rekombination- ist ein hochprofitables Gesch�ft. William Bayliss entdeckte vor einem Jahrhundert die Funktionsweise von Hormonen. Seine Biographie liest sich wie die eines Heiligen. Er entr�tselte nicht nur die Geheimnisse des Hormons Sekretin, sondern f�hrte Elektrokardiogramme durch, noch bevor diese erfunden waren, untersuchte die Ausdehnung und Verengung der Blutgef��e und betrieb Forschungen zu den Enzymen. Er war einer der Begr�nder der modernen Physiologie und Biochemie, wurde von seinen Kollegen geehrt und gesch�tzt und von Tiersch�tzern angeprangert. Aus reichem Elternhaus, vertrat er liberale Ansichten und sorgte sich um das Wohlergehen anderer. W�hrend des Ersten Weltkriegs, als viele Soldaten am Sekund�rschock ihrer Wunden starben, fand Bayliss eine Behandlungsmethode und rettete damit Tausenden von Menschen das Leben. Seine brillant geschriebenen Grundrisse der allgemeinen Physiologie war eines der ersten. umfassenden Lehrb�cher zur Physiologie. William Maddock Bayliss wurde am 2. Mai 1860 in Wednesbury, einer Stadt in Staffordshire, geboren. Seine Mutter Jan Maddock starb noch w�hrend seiner Kindheit, sein Vater Moses Bayliss, ein Schmied, gelangte als Unternehmer und Fabrikbesitzer zu erheblichem Wohlstand. Nach dem Privatunterricht arbeitete William f�r kurze Zeit im v�terlichen Betrieb, f�hlte sich aber zu den Wissenschaften hingezogen. So ging er, wie es damals noch �blich war, bei einem praktizierenden Mediziner in die Lehre und arbeitete im �rtlichen Krankenhaus. 1880, als sich sein Vater zur Ruhe setzte und die Familie nach Hampstead in der N�he von London zog, war es ihm m�glich, das University College zu besuchen, erwarb dort 1882 seinen Abschlu� und begann mit dem Medizinstudium. Nachdem er die Anatomiepr�fung nicht bestanden hatte, gab er die Medizin ganz auf und konzentrierte sich von nun an auf die Physiologie. 1885 wechselte er nach Oxford, erwarb 1888 den Doktorgrad und kehrte schlie�lich als Assistent ans University College zur�ck. 1890 freundete sich Bayliss mit dem Mediziner Ernest Henry Starling an. �Bayliss�, schrieb Charles L. Evans, �war der tiefsinnigere, gelehrtere von beiden, aber von zur�ckhaltendem Wesen. Starling der Extrovertierte, pragmatisch und durchsetzungsf�hig und auf dem Gebiet der Medizin bewandert.� Ihre Zusammenarbeit war �u�erst fruchtbar, und bei ihren Forschungsarbeiten, die sie im folgenden Jahrzehnt unternahmen, griffen sie bereitwillig die neuesten Entwicklungen auf dem Gebiet der Elektrizit�t auf. Mit dem neuen Kapillar-Elektrometer konnten sie die elektrischen Aktionspotentiale des Herzens messen. Sie wiesen nach, da� Herzschl�ge bei Fr�schen und Schildkr�ten drei Phasen aufweisen; das gleiche gilt, wie sie zeigten, auch f�r das menschliche Herz (wobei sie die Experimente an sich selbst vornahmen). Daneben versuchten sie die Funktionsweise des vasomotorischen Systems zu beschreiben - wie Blutgef��e durch die Nerven gesteuert werden. 1902 jedoch kam ihr wichtigster Beitrag zur Wissenschaften: Sie entdeckten die Funktion der Hormone. Sir Charles Martin, der im Labor anwesend war, zeichnete das entscheidende Experiment f�r die Nachwelt auf. Bayliss und Starling schnitten einen an�sthesierten Hund auf und verabreichten ihm eine Salzs�ure-Injektion in den Zw�lffingerdarm. Sie waren nicht �berrascht, als die Bauchspeicheldr�se anfing zu arbeiten. Erst einige Jahre zuvor hatte Iwan Pawlow entdeckt, da� die Stimulierung bestimmter Nerven zur Aussch�ttung von Verdauungss�ften f�hrt. Aber dann banden Bayliss und Starling eine Darm-windung ab und trennten die Nerven durch, so da� dieser Teil des Darms nur durch die Blutgef��e mit dem K�rper verbunden war. Und als sie in diesen Darmteil Salzs�ure injizierten, beobachteten sie das gleiche Resultat: Die Bauchspeicheldr�se begann zu arbeiten. �Es war ein gro�er Nachmittag�, schrieb Sir Charles. Bayliss und Starling hatten herausgefunden, da� K�rperreaktionen nicht nur durch die Nerven, sondern auch von chemischen Wirkstoffen ausgel�st werden k�nnen, die �ber das Blut transportiert werden. Sie isolierten daraufhin die Substanz, die irp MagenDarm-Trakt gebildet und in der Bauchspeicheldr�se ausgesch�ttet wurde, wo sie die Freisetzung der Verdauungss�fte stimulierte. Es handelte sich dabei um Sekretin; die gesamte Gruppe dieser Wirkstoffe wird Hormone genannt (Starling hatte 1905 beide Begriffe gepr�gt). Einen Einschnitt erfuhr Bayliss' Karriere 1903, als ihm Londoner Zeitungen vorwarfen, bei einer �ffentlichen Vorlesung zum Thema Sekretin einen Hund nicht ausreichend an�sthesiert zu haben. Bayliss, mit ausreichend finanziellen Mitteln ausgestattet, setzte sich gerichtlich zur Wehr. Die Anklage beruhte auf den falschen Aussagen zweier schwedischer Antivivisektionisten, und das Gerichtsverfahren, eine internationale Sensation, war beherrschendes Thema in den Zeitungen. Bayliss wurden schlie�lich zweitausend Pfund Schadensersatz zugesprochen, die er f�r einen Forschungsfond an der Universit�t verwandte. W�hrend des Ersten Weltkriegs leistete Bayliss einen bedeutenden Beitrag zur Behandlung verwundeter Soldaten. Nur allzu oft geschah es, da� verwundete Soldaten, die bereits auf dem Weg der Besserung schienen, einem �Sekund�rschock� erlagen. Ihr Blutdruck fiel drastisch ab, was meist t�dliche Folgen hatte. Bayliss stellte fest, dass Wundverb�nde zur Freisetzung von toxischen Substanzen im Blut f�hrten, wodurch sich die kleinen Blutgef��e ausdehnten und sich die Blutzirkulation verlangsamte. Er fand heraus, da� durch die Injizierung einer Akaziengummil�sung in die Venen der Blutdruck erh�ht werden konnte -was in einer Zeit, in der es noch keine Bluttransfusionen gab, Tausenden das Leben rettete. 1914 ver�ffentlichte Bayliss seine Grundrisse der allgemeinen Physiologie, ein Werk, in dem sich nach Starling �die Pers�nlichkeit des Autors offenbart. Man k�nnte es fast eine Autobiographie nennen; es ist die Geschichte eines gro�en Geistes und seiner Errungenschaften.� Das ist keine �bertreibung. In den Grundrissen behandelt Bayliss nicht nur alle Aspekte der menschlichen Physiologie; er schreibt einen wunderbar eleganten Stil, empfiehlt Kropotkins Gegenseitige Hilfe in der Tier- und Menschenwelt zur Lekt�re und zitiert den Apostel Paulus. Es wurde auch als Ausweitung der Arbeiten CLAUDE BERNARDS in das 20. Jahrhundert genannt. �Faszinierend an dem Buch ist, da� es sehr gut das Gef�hl der historischen Kontinuit�t vermittelt.�
In Bayliss' komfortablen Haus in Hampstead fanden nicht nur die regelm��igen �Heim�-Vorlesungen statt, die in jener Zeit von Universit�tsprofessoren verlangt wurden, sondern auch Gartenfeste, Tennisspiele und Dinnerpartys. Bayliss unterst�tzte die Suffragettenbewegung, trat f�r die Geburtenkontrolle ein und n�herte sich in sp�ten Jahren sozialistischen Positionen an. Bayliss hatte das gro�e Gl�ck, die Schwester Starlings zu heiraten, und die ungew�hnlich gl�ckliche Ehe war mit vier Kindern gesegnet. Bayliss starb nach kurzer Krankheit am 27. August 1924.
 
 

 

 

 
 
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